
Stell dir vor, du sitzt an einem warmen Sommerabend irgendwo an einem Strand.
Du hast einen kühlen Drink in der Hand, spürst den Sand unter deinen Füßen. Die Sonne kitzelt deine Haut.
Vor dir und um dich herum: Paare. Überall. Manche liegen eng umschlungen auf ihren Badetüchern, andere diskutieren leise, wieder andere schauen schweigend aufs Meer.
Und während du sie beobachtest, tauchen Fragen auf wie:
Was hält sie zusammen? Was ist ihr Geheimnis? Was ist Liebe?
In meinem Psychologie-Studium, genauer gesagt in der Sozialpsychologie, bin ich auf ein Modell gestoßen, das rückblickend meine Sicht auf meine vergangene Partnerschaften komplett verändert hat. Es hat mir geholfen zu verstehen, weshalb manche Verbindungen halten – und andere nicht.
Es beantwortet diese große Frage: Was ist Liebe? Vielleicht hilft es auch dir, deine eigenen Beziehungen klarer zu sehen.
Bevor wir schauen, was Robert Sternberg darüber denkt, die Frage an dich:
Was ist Liebe für dich?
Robert Sternberg: Ein Blick auf die Liebe
Sternberg war in den frühen 1980er-Jahren Professor an der Yale University und beschäftigte sich intensiv mit Intelligenz, Kreativität und zwischenmenschlicher Kommunikation. Er gilt als einer der bekanntesten Kognitionspsychologen seiner Zeit.
Man sagt, ein Wendepunkt kam, als er begann, seine eigenen gescheiterten Beziehungen zu reflektieren. Er soll sinngemäß gesagt haben:
„Ich hatte Beziehungen mit Leidenschaft, aber ohne Vertrautheit. Oder mit Vertrautheit, aber ohne Bindung. Ich fragte mich: Was fehlt – und warum?“
Bis dahin erklärten viele die Liebe rein tiefenpsychologisch: Freud sprach von unbewussten Trieben, Biologen von Hormonen wie Serotonin und Oxytocin. Romantiker schwärmten vom Schicksal.
Aber Sternberg wollte wissen: Wie funktioniert Liebe wirklich? Und er stellte fest, dass Liebe – genau wie Intelligenz – nicht eindimensional ist. Sie besteht aus mehreren Bausteinen, die sich unterschiedlich kombinieren lassen.
Seine Antwort darauf: Das Dreieck der Liebe.
Das Dreieck der Liebe: Drei Bausteine, Vier Kombinationen
1986 stellte Sternberg sein Modell im Psychological Review (A Triangular Theory of Love) vor. Seine Idee: Liebe basiert auf drei Grundkomponenten – wie die drei Ecken eines Dreiecks. Je nachdem, welche stärker oder schwächer ausgeprägt sind, ergibt sich eine andere Beziehungsform.
Emotionale Nähe, Vertrauen und ein tiefes Gefühl von Verbundenheit. Menschen fühlen sich gesehen, verstanden und angenommen, wie sie sind.
Beispiel: „Ich werde wirklich gesehen.“
Sexuelle Anziehung, Aufregung, das berühmte Knistern. Leidenschaft sorgt für Spannung, Abenteuer und das Gefühl von Begehren.
Beispiel: „Ich begehre dich.“
Die bewusste Entscheidung, eine Beziehung zu führen und gemeinsam dranzubleiben – selbst wenn es mal schwierig wird. Bindung steht für Verlässlichkeit, Loyalität und Verantwortung.
Beispiel: „Ich wähle dich – auch morgen.“
Vier typische Beziehungstypen nach Sternberg
Je nachdem, welche Komponenten stark oder schwach ausgeprägt sind, ergeben sich verschiedene Formen von Liebe. Sternberg beschreibt vier typische Kombinationen:

Hier ist viel Gefühl, Aufregung und Nähe da – aber keine feste Bindung. Man lebt im Moment, ohne zu wissen, ob es bleibt.
Beispiel: Zwei Jugendliche lernen sich in einem Sommercamp in den USA kennen. Sie verbringen den Sommer unzertrennlich, schreiben sich Liebesbriefe – doch nach der Rückkehr endet alles, weil die räumliche Distanz und fehlende Verpflichtung zu groß sind.
Die Leidenschaft ist da und man entscheidet sich für die Beziehung – aber emotionale Nähe fehlt. Man kennt sich nicht wirklich tief.
Beispiel: Eine 40-jährige Frau heiratet einen wohlhabenden Partner (kann auch umgekehrt sein), obwohl sie ihn kaum kennt. Er verspricht Sicherheit, sie ist schwanger, ein gemeinsames Leben wird geplant – doch emotional bleiben sie sich fremd.
Hier gibt es Nähe, Vertrautheit und die bewusste Entscheidung, zusammen zu bleiben – aber das Knistern fehlt.
Beispiel: Ein Ehepaar, das seit Jahrzehnten zusammen ist. Sie teilen den Alltag, vertrauen einander, doch körperlich hat man sich entfremdet. Man bleibt, weil man zusammengehört – aber Leidenschaft wird nicht mehr gelebt.
Dies ist die Form von Liebe, die viele Menschen anstreben: Nähe, Knistern und die Entscheidung, gemeinsam durchs Leben zu gehen, sind im Gleichgewicht.
Beispiel: Ein Paar Mitte 30, das nach einigen Jahren Beziehung zusammen eine Familie gegründet hat, sich immer noch körperlich zueinander hingezogen fühlt, offen über Wünsche spricht und bewusst immer wieder „Ja“ zueinander sagt – auch wenn der Alltag mal stressig ist.
Beziehung bewusst gestalten
Liebe ist mehr als ein Gefühl – sie ist ein Zusammenspiel von Intimität, Leidenschaft und Verbindlichkeit. Sie ist ein Tanz. Ein Versprechen, das wir immer wieder erneuern.
Wenn ich dir eines mitgeben kann: Liebe lohnt sich.
Ja, sie kann wehtun.
Aber sie lässt uns wachsen. Sie lässt uns lernen.
Und sie zeigt uns, wer wir wirklich sind – und wer wir sein können, wenn wir uns trauen.
P.S. Wenn du dir bestimmte Beziehungsthemen näher anschauen möchtest – ob alleine oder gemeinsam mit deinem Partner oder deiner Partnerin – dann schau mal hier. Buch dir ein unverbindliches und kostenloses Erstgespräch. So finden wir heraus, ob und wie ich dich auf deinem Weg unterstützen kann.
Bildquelle: Pexels